Fachübersetzung oder doch lieber maschinelle Übersetzung?

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Wird man in Zukunft auf die Dolmetscher- und Übersetzerberufe verzichten können? Helfen uns Technologien wie maschinelle Übersetzung und Spracherkennung bei der Verständigung? Taugen Computer als Übersetzer und machen teure Fachübersetzungen überflüssig? Das alles sind Fragen, die sich mit der rasanten Entwicklung der Technik stellen und denen wir hier nachgehen wollen.

Per Mausklick in Sekundenschnelle maschinell übersetzen lassen?

Immer mehr Anwendungen, auch für mobile Endgeräte, erheben den Anspruch, Geschriebenes zu übersetzen, wie z. B. das allseits bekannte Google Translate oder DeepL. Es gibt ein breites Angebot an kostenlosen Apps, die Gesprochenes bereits in Echtzeit in der Zielsprache wiedergeben. Wird also bald ein Mausklick ausreichen, um sich Webseiten, Dokumente oder Korrespondenz in Sekundenschnelle in jede gewünschte Sprache dolmetschen oder übersetzen zu lassen?

In vielen Fällen, so z. B. für den Privatgebrauch, sind diese Programme durchaus hilfreich und ausreichend. Im Urlaub können diese Apps der Verständigung dienen, auch wenn man hier und da über ein paar Fehler hinwegsehen muss, schließlich ist man im Urlaub und kann alles etwas lockerer sehen.

Für die geschäftliche Kommunikation stoßen diese kostenfreien Programme schnell an ihre Grenzen. Das ist auf der einen Seite dadurch begründet, dass es sich um speziellere oder Fachtexte handelt, andererseits kommt es bei der geschäftlichen Korrespondenz auf jede Kleinigkeit an.

Noch gravierender werden die Unterschiede, wenn es um Dokumente geht, die eine rechtliche Grundlage für Geschäftsbeziehungen bilden, wie z. B. Verträge, AGBs und Haftungsfragen. Hier sind häufig inhaltlich komplexe, in der Fachsprache verfasste Texte zu übersetzen. Bei der maschinellen Übersetzung werden zwar bestimmte Schlüsselwörter korrekt übersetzt, aber der Inhalt lässt sich mitunter nicht nachvollziehen, wenn das Programm nicht in der Lage ist, komplexe grammatikalische Strukturen in der Zielsprache genauso wiederzugeben, wie sie in der Ausgangssprache gemeint sind.

Das gleiche gilt auch oftmals für Betriebsanleitungen, bei denen sogar gleiche Begriffe in einem Text unterschiedlich übersetzt werden. Zum Beispiel übersetzt man aus dem Englischen „driver“ als „Fahrer“ oder „Treiber“. Oder der deutsche Begriff „Anlage“, der unter anderem als Anhang zu einem Dokument („annex“, „enclosure“), aber in einem anderen Kontext die Maschinenanlage („equipment“) oder Investition („investment“) sein kann, wofür es im Englischen unterschiedlichen Begriffe gibt. Da müsste das Programm in der Lage sein, die Übersetzung auf den jeweiligen Kontext zu prüfen.

Maschinelle Übersetzung

Eine maschinelle Übersetzung basiert häufig mehr auf statistischen Methoden als auf linguistischen Regeln. Es werden Daten gesammelt, Sätze und Wörter mit ihrer fremdsprachlichen Entsprechung gespeichert und wieder abgerufen. Dabei wird das System ständig erweitert. Je weniger der Ausgangstext vom Kontext anhängig ist, je einfacher das Vokabular und je höher die terminologische Normierung sind, umso besser eignet sich der Text für eine automatisierte Übersetzung. Das kann mitunter bei Bedienungsanleitungen, Formularen oder anderen weitgehend normierten Texten der Fall sein.

Unschlagbare Vorteile der maschinellen Übersetzung sind natürlich Schnelligkeit und der Preis bzw. kein Preis für die Übersetzung. Eine Maschine schafft große Textmengen in sehr kurzer Zeit, das ist für einen Menschen unerreichbar.

Neuronale maschinelle Übersetzung (NMT)

Die neueren Entwicklungen auf diesem Gebiet versuchen, die Nachteile der maschinellen Übersetzung der Vergangenheit durch die Kombination mit künstlicher Intelligenz zu überwinden, durch die sogenannte neuronale maschinelle Übersetzung (NMÜ), engl. Neural Machine Translation oder NMT. Hier soll die Maschine ähnlich wie das menschliche Gehirn lernen. Einer der Vorreiter bei dieser Entwicklung ist DeepL, ein 2009 in Köln gegründetes Unternehmen, mit seinem Angebot „DeepL Translator“.

Bei der neuronalen maschinellen Übersetzung werden mithilfe der künstlichen Intelligenz Sprachmuster in der Ausgangs- und Zielsprache erkannt und miteinander verknüpft abgespeichert. Somit entsteht nicht mehr eine Wort-für-Wort-Übersetzung, die recht holprig ist, sondern eine flüssigere Übersetzung. Dies funktioniert bereits relativ gut bei ähnlichen bzw. verwandten Sprachen. So würde eine Übersetzung FranzösischItalienisch oder Spanisch sicherlich qualitativ besser ausfallen als Französisch – Chinesisch.

Diese Entwicklung wird durch die rasante technische Entwicklung in den letzten Jahren begünstigt. Es ist dank der immensen Steigerung der Rechnerleistung und der Übertragungsleistung des Internets möglich, immer größere Datenmengen immer schneller zu verarbeiten. Durch diese Lernleistung der künstlichen Intelligenz werden die Unterschiede zwischen einer menschlichen und einer maschinellen Übersetzung in vielen Bereichen immer geringer.

Maschinelle Übersetzungen können ausreichend sein für:

  • Firmeninterne Kommunikation (Effizienzsteigerung)
  • Texte, die nicht an ein großes Publikum verbreitet werden
  • E-Mails, bei denen es auf eine zeitnahe Reaktion ankommt
  • Social-Networking
  • Supporttexte im Web
  • Kundenbewertungen
  • Foren
  • LIVE-Chat

 

Neural Machine Translation hat ihre Grenzen

Es bestehen etliche Grenzen und Nachteile, die beim Einsatz von NMT zu berücksichtigen sind.

Feinheiten der Sprache

Man kann nicht einen Text einfach durch ein NMT-Tool laufen lassen und ihn als fertiges Produkt verwenden. Denn eine Maschine kann nicht mit stilistischen Feinheiten wie Humor oder Ironie umgehen. Sie kann nicht „zwischen den Zeilen lesen“ oder kontextabhängige Wortbedeutungen unterscheiden. Sie übersetzt nur die Wörter bzw. Sätze, die sie in ihrem (zugegebenermaßen umfangreichen) Datenspeicher findet. Meistens sind rein maschinelle Übersetzungen in vielen Fällen als solche erkennbar. Sie lesen sich nicht flüssig und weisen häufig Syntax- und Grammatikfehler auf. In puncto Stil oder Konsistenz kann die Qualität auch nicht garantiert werden.

Haftung beim Einsatz von Machine Translations

Durch fehlerhafte maschinelle Übersetzungen können, vor allem ohne eine Nachbearbeitung durch einen sprachkundigen Fachmann, u. U. Sach- und Personenschäden entstehen. Ein Beispiel hierfür wäre eine missverständlich oder falsch übersetzte Bedienungsanleitung. In einem solchen Fall stellt sich die Schuldfrage, kann die Maschine für ihre fehlerhafte Übersetzung zur Verantwortung gezogen werden? Sicherlich nicht. Es entstehen Kosten, die in keinem Verhältnis zur Kostenersparnis durch die maschinelle Übersetzung stehen.

Datenschutz beim Einsatz von NMT

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt betrifft den Datenschutz bzw. die Geheimhaltung. Bei der Nutzung der maschinellen Übersetzungstools, die im Internet zur Verfügung stehen, müssen die zu übersetzenden vertraulichen Dokumente in eine Cloud bzw. auf einen Server hochgeladen werden. Häufig werden die Texte weiter verwendet, um die „Maschine“ lernen zu lassen, d. h. den Datenpool der Maschine mit dem Ausgangstext und der entsprechenden Übersetzung zu vergrößern.

Auch hier liegt der Vorteil bei den Übersetzungsbüros, die auf Wunsch eine Geheimhaltungsvereinbarung schließen und damit den Ansprüchen des Kunden auch hinsichtlich der Geheimhaltung und des Datenschutzes entsprechen.

 

Neuronale maschinelle Übersetzung (NMT): Die Vor- und Nachteile im Überblick!

Mensch oder Maschine? Für diese Entscheidung sind zwei Möglichkeiten zu berücksichtigen.

Die neuronalen maschinellen Übersetzungsprogramme liefern bereits recht annehmbare Ergebnisse, wenn man je nach Verwendungszweck einige Abstriche machen kann und ein 100%iges Sprachniveau nicht notwendig ist. So sind wichtige Anwendungsgebiete u. a. für den privaten Gebrauch, beim groben Verständnis eines Textes, um sich schnell einen Überblick über die Thematik zu verschaffen oder wenn die Texte nicht zur Veröffentlichung gedacht sind.

Die neuronale maschinelle Übersetzung kann auch eine hilfreiche Ergänzung für den Übersetzer sein, auch wenn das Endprodukt kein perfekter, geschliffener Text ist. Sie kann eine „Roh“- oder Vorübersetzung liefern, die dann in einem Post-Editing-Schritt vom Übersetzer nachbearbeitet wird.

Die Nachteile von Neural Machine Translation

  • Post-Editing:
    Eine Nachbearbeitung der Übersetzung ist unbedingt erforderlich, denn in der Regel reicht die Übersetzung nicht an die klassische Humanübersetzung heran.
  • Kombination Machine Translation + Post-Editing ist nicht unbedingt die „günstige Variante“:
    Beim Post-Editing muss ein qualifizierter Übersetzer den Ausgangstext, Terminologie, Inkonsistenzen und Rechtschreibung prüfen. Häufig ist dies aufwändiger als der normale Übersetzungsprozess.
  • Ein vollständiges oder intensives Post-Editing (MTPE) kann teuer werden:
    Für das Post-Editing gibt es Stufen, je nachdem was das Qualitätsziel ist. Passagen des maschinell übersetzten Textes könnten evtl. entfernt und durch eine vom Übersetzer neue Version ersetzt werden. Dies kann zu einem Verlust der Produktivität und somit zur Erhöhung der Kosten führen.
  • Prüfung von Abweichungen zwischen Ausgangstext und Zieltext ist sehr aufwendig:
    Der Korrektor vergleicht alle Sprachpaare (Ausgangstext und Übersetzung), um sicherzustellen, dass der Zieltext den Ausgangstext präzise und kohärent wiedergibt. Nichts vom Quelltext darf fehlen oder an Quelltext hinzugefügt werden.
  • Vertraulichkeit:
    Die Inhalte werden an einen Dritten weitergegeben.
  • Man könnte Fehlübersetzungen, Auslassungen und unerwünschte Ergänzungen leicht übersehen, da die Texte häufig gut klingen.
  • Der Übersetzer sollte unbedingt den Ausgangstext prüfen. Denn oft enthält der Quelltext Fehler, weil dieser z. B. wiederum aus einer anderen Sprache stammt oder Fehler enthält.

 

Computergestützte Übersetzungssoftware (Computer-Aided Translation – CAT Tools)

Wir arbeiten beim Übersetzungsbüro Techni-Translate mit CAT Software: Wiederverwendung von „eigenen“ Übersetzungen durch den Einsatz von Translation-Memory-Systemen (TMS) und Terminologiedatenbanken. Darüber hinaus nutzen wir selbst entwickelten Online-Dienste wie das technische Wörterbuch dictindustry in 19 Sprachen und unser Übersetzungsforum für Projektfragen zwischen Übersetzungsteam und Kunde.

Die Vorteile von TM-Systemen

  • Das System wird erweitert durch den Einsatz von Übersetzungsspeichern (Translation Memories, TM), gezielter Terminologie und relevanten mehrsprachigen Daten.
  • Es gibt viel Kostenersparnispotential, insbesondere bei großem Volumen.

Außerdem steht bei der Nutzung von CAT-Software der Übersetzer im Mittelpunkt, der die Software zur Unterstützung des Übersetzungsprozesses einsetzt. Die Übersetzungen werden von Muttersprachlern mit einem entsprechenden akademischen bzw. fachlichen Abschluss erstellt.

Der Einsatz von TM-Systemen ist empfehlenswert für folgende Dokumentationen:

Diese Fachdokumente richten sich an den Endverbraucher oder spezialisierte Fachkreise, die meistens kritischer sind. Dabei beschreiben sie in der Regel bestimmte Funktionen eines technischen Produktes oder einer Dienstleistung und müssen somit inhaltlich und sprachlich sehr präzise sein.

Die Antwort auf die Frage „Mensch oder Maschine?“ muss also lauten: „Mensch und Maschine“, wobei der Mensch immer noch ausschlaggebend ist und weiterhin bleiben wird.

Fazit

Eine KI-Übersetzung hat durchaus ihre Daseinsberechtigung, wenn es darum geht, einfache Texte zu übersetzen oder sich allgemein einen Überblick über den Text zu verschaffen. Dabei sollte man sich allerdings nur auf Übersetzungen der Sprachen verlassen, die man auch selbst beherrscht. Denn man nur so Fehler und Schwächen erkennen kann.

Maschinelle Übersetzung muss klar von muttersprachlichen Fachübersetzungen abgegrenzt werden. Denn KI kann nicht mit komplexeren technischen Übersetzungen mithalten. Sie wird langfristig die menschliche Fachübersetzung nicht ersetzen können, sondern vielmehr sich als eine unterstützende Technologie für den Übersetzer zur Erhöhung der Produktivität und Erleichterung der Arbeit entwickeln.

 

Ihr Techni-Translate-Team

 

(Beitragsbild: Andrii Symonenko / Shutterstock.com)

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